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„Inklusion ist dann geglückt, wenn sich alle gleich wertig fühlen“

Der 3. Dezember ist der Internationale Tag der Menschen mit Behinderung. Der „Irseer Kreis Versand“ aus Kaufbeuren lebt vor, dass Inklusion im Arbeitsalltag möglich ist. Was jede Firma tun kann, um inklusiver zu sein

Arbeitsbeginn im Irseer Kreis Versand – das Zeiterfassungsgerät piept, im Lager werden die ersten Artikel in die Kommissionier-Wägen gelegt. Das Surren der Rollen wird begleitet von „Guten Morgen“-Wünschen, mal fröhlich gerufen, mal noch verschlafen gemurmelt. An den Packtischen stehen Männer und Frauen und verstauen Bestellungen in Paketen, ein paar Zimmer weiter sitzen Menschen konzentriert an Computern oder telefonieren. Auf den ersten Blick ein Arbeitsplatz wie viele andere. Doch der Irseer Kreis Versand hat eine Besonderheit: er ist eine Inklusionsfirma.

Mehr als 60 Prozent der Angestellten sind Menschen mit – vorwiegend psychischer - Behinderung. Für sie ist es oftmals schwierig, in der Arbeitswelt Fuß zu fassen, sind Erkrankungen und Behinderungen in der Gesellschaft doch noch häufig stigmatisiert, berichtet Geschäftsführer Bertram Sellner. In dem Kreativversand am Kaufbeurer Stadtrand bekomme aber niemand einen Stempel aufgedrückt. Menschen mit und ohne Handicap arbeiten dort auf Augenhöhe miteinander, das Unternehmen ermöglicht Praktika oder Zuverdienst-Arbeitsplätze bis hin zu sozialversicherungspflichten Arbeitsplätzen mit tariflicher Vergütung.

„Bei uns fühlen sich die Menschen wieder als vollwertiges Mitglied der Gesellschaft“, erklärt Sellner. “Wir haben Mitarbeitende, die der Arbeitsmarkt nahezu aufgegeben hatte. Sie sind hier aufgeblüht, haben Sicherheit und Selbstbewusstsein entwickelt.“ Einige sind fester Bestandteil der Irseer Kreis-Familie, andere treten irgendwann Arbeitsplätze außerhalb der Firma an. „Vor einiger Zeit hat uns zum Beispiel die schöne Nachricht erreicht, dass einer unserer ehemaligen Auszubildenden nun einen Meistertitel hat“, berichtet er erfreut. Der Mitarbeiter ist vor Kurzem sogar zu dem Kaufbeurer Versandhandel zurückgekehrt – als Führungskraft.

Gerade, wenn man Menschen zutraut, dass sie ihren eigenen Beitrag für das Unternehmen leisten können, kann man unglaubliche Entwicklungen beobachten, weiß auch Ausbildungsleiter Werner Winkler, der unter anderem für die Betreuung der Auszubildenden zuständig ist. „Es ist toll, wenn jemand Neues, ob Azubi oder Praktikant, hier anfängt und man die Person dann an ihren Aufgaben wachsen sieht“, sagt Winkler. Die Entwicklung von Kolleginnen und Kollegen, die nach und nach wieder Vertrauen in ihr Umfeld und ihre eigenen Fähigkeiten fassen, sei besonders schön zu erleben.

Um das zu ermöglichen, ist es wichtig, die Menschen wirklich wahrzunehmen, mit denen man arbeitet, ist Ruth Bachthaler überzeugt. Die Arbeitserzieherin passt gemeinsam mit Werner Winkler die Arbeitsabläufe an die Stärken und Fähigkeiten der Angestellten an und ist während des Arbeitstages ihre Ansprechpartnerin für alle Fälle. „Menschen sind einfach unterschiedlich – ob mit oder ohne Behinderung. Wer in der einen Situation mehr Unterstützung braucht, kann an einer anderen Stelle selbst bereichernd und unterstützend sein.“ Diese Stärken müsse man meist nur erkennen.

Ob die Wirtschaftlichkeit eines Unternehmens hinter der Inklusion zurückbleiben müsse? Nein, findet Geschäftsführer Bertram Sellner und verweist auf über 34 Jahre Firmengeschichte und stetig wachsende Umsatz- und Mitarbeiter-Zahlen. Unternehmen, die sich um mehr Inklusion bemühen möchten, empfiehlt er, wirtschaftliche und soziale Aspekte ins Gleichgewicht zu bringen. „Es ist wichtig, achtsam und wertschätzend auf die Bedürfnisse und Grenzen der Mitarbeitenden einzugehen. Aber auch klare Regeln und das Einfordern der Arbeitsleistung gehören genauso dazu.“

Unternehmen, die inklusiver werden möchten, empfiehlt er, den Prozess ohne Angst auszuprobieren. “Ich glaube mittlerweile es ist aufwendiger, nicht inklusiv zu sein“, überlegt Sellner.


Informationen und Unterstützung für Unternehmen, die Menschen mit Behinderung anstellen möchten, gibt es unter anderem bei den lokalen Integrationsfachdiensten, dem Inklusionsamt oder der Bundesarbeitsgemeinschaft für Inklusionsfirmen e.V. (bag if)

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